Den Extrovertierten gehört die Welt – das posaunen sie jedenfalls voll Überzeugung in diese hinaus. Laut und leutselig, entscheidungsfreudig und enthusiastisch, richten sie den Blick nach Außen und saugen ihre Energie aus sozialen Interaktionen. Sie stellen rund zwei Drittel unserer Bevölkerung – auch wenn es den Introvertierten vorkommt, als seien doch deutlich mehr dieser oberflächlichen, distanzlosen und aufdringlichen Clowns unterwegs. Die Intros dagegen leben gern in der eigenen Innenwelt, weshalb sie sich von geselligen Zusammenkünften, ja oft den Menschen an sich, ausgelaugt fühlen. Sie sind zurückhaltend und tiefsinnig, im Außen ruhig und eher passiv. Oder aber, wie es die Extros wahrnehmen: verschlossene, unfreundliche und antriebslose Sonderlinge, die ruhig mal aus sich herausgehen könnten. Es sind erstaunlich viele Tests im Umlauf, die einem verraten wollen, was zu dem Wenigen gehört, das wir spontan selbst wissen: ob die eigene Kraft in die Blüte oder die Wurzel strömt. Ob wir lieber auf dem Oktoberfest auf Bierbänken tanzen oder im Zen-Kloster für den Weltfrieden meditieren. Höchste Zeit, die Vorzüge und Nachteile der Jung’schen Typisierung dem Alltagstest zu unterziehen.
In ein gutes Restaurant würde man den Intro mitnehmen, weil er einem nichts vom Teller klaut und sich mit dem Kellner nicht wegen der Höhe der Rechnung streitet. Auf eine einsame Insel dagegen den Extro, weil er – in einem Umfeld ohne Fernsehen – einfach den höheren Unterhaltungswert hat. Der Extro ist dafür sehr wartungsintensiv: Er braucht Gesellschaft und Stimuli bis zum Abwinken, weil er sich sonst langweilt und nichts mit sich anzufangen weiß. Der Hit beim Besuch im Seniorenheim; weniger angenehm als Gegenüber beim konzentrierten Arbeiten. Der Intro ist da ganz pflegeleicht; man kann ihn bei Bedarf in eine dunkle Ecke stellen und später wieder abholen. Nicht wundern, wenn er bei Berührung dann leicht zusammenzuckt. Dagegen verschiebt sich der Aufwand, wenn man die beiden zu einer beliebigen Aktion animieren möchte. Beim Extro reichen ein paar bunte Farben in der Regel schon aus, um ihn zu motivieren. Beim Intro muss man dagegen massiv in die Trickkiste greifen, will man ihn hinterm Ofen hervorlocken. Der Intro kann lange geheimnisvoll und sogar intelligent wirken, wenn er es sich verkneift, den Mund aufzumachen. Der Extro spielt ihn locker an die Wand – aber nur eine Zeitlang, bis letztendlich doch auffällt, dass er nur heiße Luft von sich gibt. Um mit einem Intro zu zanken, muss man beide Parts des Streitgesprächs in verteilten Rollen selbst übernehmen. Konflikte mit Extros sind, wen wundert’s, ein dramatischer Selbstläufer.
Der Extro ist glücklicher als sein Extrem. Das behauptet er jedenfalls immer, sobald ihm jemand zuhört. Der Intro definiert dagegen, was denn „Glück“ sei, und entscheidet sich dann für „Unglück“. Das passt besser zu den dezenten Farben, die er gern trägt.